
Artemisia Gentileschi – der Moment, als weibliche Gefühle sichtbar wurden
Artemisia Gentileschi (1593–1654) hat wirklich Geschichte geschrieben:
Dank ihr wurden im italienischen Barock endlich auch die Gefühle der
weiblichen Figuren der Mythologie und der biblischen Geschichte
anschaulich. Plötzlich wurden Judith, Kleopatra, Lucretia und Maria
Magdalena nicht wie all die Jahrhunderte zuvor aus männlicher Sicht
dargestellt, sondern mit ganz neuartigen Merkmalen und sichtbaren
Ausdrücken von Verletzlichkeit, Wut, Schmerz und Scham gezeigt. Schon
als junges Mädchen, im Atelier ihres Vaters Orazio, verblüffte Artemisia
die Kunstwelt durch ihre Fertigkeiten. Doch als sie als 17-Jährige von
ihrem Kunstlehrer Agostino Tassi vergewaltigt wurde, drohte ihre
Karriere als vermeintlich entehrte Frau im katholischen Italien der
Gegenreformation schon beendet zu sein, bevor sie begonnen hatte. Doch
es kam anders.
In “Augen zu”, dem Kunstpodcast von ZEIT und ZEIT Online, erzählen
Florian Illies und Giovanni di Lorenzo von der einzigartigen
künstlerischen Laufbahn dieser Ausnahmefigur, bei deren Bildern es immer
ums Ganze geht: um Liebe, um Hass, um entfesselte Lust und um
entfesselte Gewalt. Gentileschi besaß nicht nur handwerklich ein großes
Talent, sie war vor allem dazu in der Lage, die klassischen biblischen
und mythologischen Themen auf eine neuartige Weise zu erzählen – und
zwar in der Mimik und Gestik. Bei ihr entwickeln sich die Szenarien und
Kompositionen aus dem Innern der Figuren – und nicht aus dem Drehbuch
der Handlung. Nachdem Gentileschi für fast drei Jahrhunderte vergessen
wurde, ist sie nun mit aller Macht in den Kanon der Kunstgeschichte
zurückgekehrt.
Wer ihre Kunst sehen will, kann dies in Deutschland im Schloss
Pommersfelden tun, wo ihr erstes dokumentiertes Bild hängt, die "Susanna
im Bade" aus dem Jahre 1610. Bis zum 23. März ist zudem in der Gallerie
d’Italia in Neapel eine bahnbrechende Ausstellung über Artemisia
Gentileschis Wirken in Neapel zu sehen.
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Augen zu
Was macht große Kunst aus? Darf man Beuys einen Scharlatan nennen? Muss man Botticelli lieben? Mit Leidenschaft, Fachwissen und Witz entführen die beiden Gastgeber einmal im Monat ihre Zuhörerinnen und Zuhörer in die wunderbare Welt der Kunst. Jede Folge widmet sich einem Künstler oder einer Künstlerin, ihren biografischen Wendungen, ihren besten Werken, ihren seltsamsten Ansichten. Überraschende Telefonjoker bieten jeweils neue Einblicke. Und am Ende hat jeder – auch mit geschlossenen Augen – einen Kopf voller Bilder.
Florian Illies schreibt, seit er denken und sehen kann, über Kunst. Er gründete nach seinem Kunstgeschichtsstudium das Magazin “Monopol” und war lange Jahre Leiter des Auktionshauses Villa Grisebach. Er ist Autor der Bücher “1913" und “Generation Golf” und Mitglied des Herausgeberrats der ZEIT.
Giovanni di Lorenzo ist Chefredakteur der ZEIT und ein leidenschaftlicher Kunstliebhaber.
Dieser Podcast wird produziert von Pool Artists.
- Anzahl der Folgen: 28
- Letzte Folgen: 2025-05-07
- Kunst Gesellschaft und Kultur